Charlotte Wiesmann und Thomas Steiner
Galerie Schloss Puchheim
15.6.-1.7. 2018
Pressetext:
In regelmäßigen Abständen stellt das Künstlerpaar Charlotte Wiesmann und Thomas Steinergemeinsam aus.
Die Arbeiten der Ausstellung sind alle 2018 entstanden. Zum Teil in den Linzer Ateliers, zum Teil während eines gemeinsamen, zweimonatigen Auftenhaltes im lugurischen Bergdorf Tvo Faraldi.
Bei aller Unterschiedlichkeit der Arbeiten kristallisiert sich als Thema die Beschäftigung mit Raum, Zeit, Unendlichkeit und dem Versuch durch setzen von Koordinaten, Schaffen von Verbindungen und theoretischen Konstruktionen dem Ungewissen zu begegnen.
Charlotte Wiesmann
Zeigt in der Ausstellung eine Installation bestehend aus den Arbeiten Re-Generation und
Re-Creation.
Sowie Tuschezeichnungen und Keramiken aus der Serie Tovo.
Re-Generation
Installation, 8 Keramikelemente, 75-90 cm hoch, 2018
Die Installation „Re-Generation“ zeigt acht säulenartige Elemente aus Keramik. Sie sind dickwandig, außen mit einer stark strukturierten Oberfläche, innen, hohl, nach unten und oben hin offen. Die Aufbausweise der Säule geht spiralförmig nach oben, ähnlich dem Wachstum einer Palme, deren Borke entsteht, wenn neue Fächer wachsen und andere Fächerblätter abfallen. Mit dem Daumen aufeinander gedrückte Strukturelemente bilden eine keramische Borke.
Eingearbeitete Geschehnisse und Erinnerungen umkreisen einen Hohlraum, eine Luftsäule entsteht. Neuen Atem schöpfen, sich neu erfinden.
Re-Creation
Serie 1-9, 70 x 100 cm, Naturkohle auf Papier, 2018
Die Papierarbeiten zeigen die Spuren von verschiedenen Palmen „Phoenix canariensis“, deren Besonderheit schwarze Stämme sind, – die Folge eines Feuers.
Die Strukturen auf dem Zeichenpapier sind Frottagen dieser verkohlten Palmenborken. Beim Herstellungsprozess entstehen weitere gestische Spuren von Bewegungen. Der Zeichenprozess ist umgekehrt, das Papier wird anstelle des Stiftes bewegt.
Die Palmen überlebten das Feuer dank ihrer verdichteten Borke. Gleich einem Abwehrmechanismus schützen sie ihre inneren Leitbahnen.
Tovo
Tusche auf Papier, 30 x 40 cm, 2018
Ein Kürzel für das Sein im Jetzt.
In der Abgeschiedenheit des Bergdorfes Tovo Faraldi entstanden Tuschpinselzeichnungen in orange und schwarz.
Schrift, Zeichen, Bewegung, Konzentration, Wiederholung, Vereinfachung, Reduktion, Verkürzung.
Tovo
Objekte, Keramik, ca. 30 x 25 x 7 cm, 2018
Die keramischen Objekte folgen der Grundrissform der Tuschezeichnungen und führen das Zeichen in die Dreidimensionalität. Geht es beim Zerichnen um Konzentration im Atemzug eines Moments, so dehnen die Gebilde diesen Moment in den Raum hinein, konstrieren und definieren ihn.
Sie führen die Serie der Schriftobjekte weiter.
Thomas Steiner
Ausgangspunkt für die Arbeiten von Thomas Steiner ist sein Film FLUIDE.
In lockerer Beziehung mit der Thematik des Films stehen grossformatige Tuschezeichnungen auf Leinwand und Papierarbeiten mit Bleistift bzw. Tusche. Diese sind in in dem kleinen ligurischen Bergdorf Tovo Faraldi entstanden. In einer Art Einsiedelei, die fernab der alltäglichen Medienüberflutung einen eigenen Flow zulässt.
FLUIDE
HD 7min, 2018
FLUIDE ist ein am Computer erstellter Einzelbildfilm.
Im ersten Teil des Films ist die gezeichnete Figur noch halbwegs intakt. Ab der Filmmitte gerät sie jedoch in eine Art Zeitschleife. Die einzelnen Ebenen der Zeichnung machen sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten selbstständig. Am Ende finden die Teile wieder zusammen und die Figur unternimmt, verändert, einen neuen Anlauf.
Ähnlich wie Stanislaw Lems Raumfahrer Tichy begegnet die Trickfigur Teilen ihrerselbst und gerät damit in unvorhergesehe Schwierigkeiten.
Oder mit Karl Marx: die Geschichte wiederholt sich das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.
FLUIDE
Tusche auf Leinwand, 400 x 120 cm; 200 x 120 cm, 2018
Die grossformatigen Tuschearbeiten treten mit dem Film als „Standbilder“ in Beziehung.
Eine Annäherung an das Schicksal der fragmentierten Filmfigur, deren Tragödie in langen Leinwandbahnen analog fortgeschrieben wird. Aus der Erinnerung fließt die Filmfigur in die Bilder ein. Doch die Ergebnisse haben mit der imaginierten Ausgangsfigur nur mehr wenig zu tun: Abstrakte Zeichnungen, die ihren eigenen Gesetzmässigkeiten folgen. Analog der Idee von Steven Hawking, dass man die Begegnung mit einem schwarzen Loch durch Umwandlung des Astronauten in ein zweidimensionales Hologram zwar überleben könne, der Raumfahrer jedoch mit den üblichen Methoden der Wahrnehmung nicht mehr erkannt werden würde.
FLUIDE
Tusche und Bleistift auf Papier, 70 x 100 cm, 50 x 70 cm, 30 x 40 cm, 2018
Auf den Zeichnungen treten die beiden Medien Tusche und Bleistift in unterschiedliche Beziehung. Einerseits pure Bleistiftarbeiten andererseits reine Tusche Malerei. Oder die Bleistiftzeichnung wird mit einem eigenständigen Tuschezeichen kombiniert. Beziehungsweise die klassische Verschränkung der beiden Medien.
Die Arbeiten könnten als Illustrationen zu unbekannten Geschichten gelesen werden. Das Abwesende wird in den Bildern sichtbar gemacht, nur dass es nie existiert hat. Der Betrachter kann seine eigene Geschichte dazu erfinden, sein Gedächtnis und seine Erfahrungen einbringen.
Koordinaten eines Weges finden, um in einen grenzenlosen Raum zu navigieren.
Charlotte Wiesmann
Geboren 1961 in Grafenau/D, lebt und arbeitet in Linz
Ausbildung zur Keramikerin in Freising/D
Studium an der Kunstuniversität Linz, MK Keramik, A
2010 Keramikpreis des Landes Salzburg
1999 Ankaufspreis der Stadt Kapfenberg, 1. Internationale Biennale für keramische Plastik
2001 Salzburger Keramik-Preise, Ankaufspreis des Bundeskanzleramtes seit 1999 Teilnahme an Symposien im In-und Ausland
Kunst am Bau:
2016 Pfarrzentrum Haibach o. d. Donau
2013 BMW, Steyr, OÖ
2012 Schön für behinderte Menschen, Schön, OÖ
2008 Gemeindezentrum Schardenberg, OÖ
2006 Soziales Kunstprojekt, Wissensturm, Linz
2005 „Tonfeld | Wärmebank“, Soziales Kunstprojekt im öffentlichen Raum, Landespflege- und
Betreuungszentrum Christkindl, OÖ
2001 „Tonfeld /Wärmebank“, Soziales Kunstprojekt im öffentlichen Raum, Landespflegeanstalt
Schloss Haus, Wartberg, OÖ
1999 Seniorenheim Wels Neustadt, OÖ
Thomas Steiner
Zeichnung, Malerei, Fotografie, Video und Film.
geb. 1956, Hochschule für Gestaltung, Linz: Kunsterziehung;
Hochschule für Angewandte Kunst, Wien: MK Maria Lassnig – Experimenteller Trickfilm;
Mitglied des OÖ Kunstvereins, der ASIFA Austria und des Künstlerhauses, Wien.
Zahlreiche Preise und Auszeichnungen darunter: 1. Preis beim Kunstwettbewerb der Bau – Holding, Klagenfurt (Strabag Art Award), OÖ. Landeskulturpreis für Experimentalfilm.
Seit 1984 Einzelausstellungen, Ausstellungsbeteiligungen in Österreich, Deutschland, Italien, Franktreich, USA
Filmvorführungen und Festivalbeteiligungen im In- und Ausland (Auswahl): Diagonale, Graz, Viennale, International Film Festival Rotterdam, Tate Gallery, London, Crossing Europe, Linz, Animationsfilmfestival Annecy.
Arbeiten im Besitz privater und öffentlicher Sammlungen
Thomas Steiner
lebt und arbeitet in Linz www.thomassteiner.com